Caritas im Ruhrbistum und Deichmann-Stiftung: Aus dem Nichts heraus geholfen - Besuch in den neuen Flüchtlingslagern im Nordirak

In der zweiten Septemberhälfte brach Rudi Löffelsend ziemlich spontan mit Shairzid Thomas, Exiliraker und langjähriger Dolmetscher, in den Nordirak auf, um so dort einen Überblick zu bekommen. Seit 2007 versucht er, für die Caritas im Ruhrbistum ehrenamtlich im Norden des Iraks Flüchtlingen dort zu helfen.
Mit dabei 50.000 Euro von der Deichmann-Stiftung in Essen, die sehr schnell zur Hilfe bereit war. Nachfolgend einige Auszüge aus seinem Reisebericht:

Mitte August kamen innerhalb von wenigen Tagen rund 50.000 Flüchtlinge in die Autonome Region Kurdistan im Nordirak. Das bisherige große Lager in Domiz hat mit über 80.000 Flüchtlingen bereits weit die Kapazitätsgrenze überschritten, sodass die Regierung die Flüchtlinge an der Grenze einsammelte und mit Bussen in die Provinz Erbil brachte.

Sie wurden erst einmal notdürftig in öffentlichen Gebäuden untergebracht. Innerhalb kürzester Zeit wurden aber vier neue Lager in der Umgebung von Erbil errichtet, die rund 40.000 Flüchtlinge aufnehmen konnten. D.h. dass alle Lager erst seit ca. zwei Wochen belegt waren, auch wenn die Infrastruktur noch nicht vollständig erstellt wurde.

Dennoch ist dies in dieser kurzen Zeit eine beachtliche Leistung, sowohl der kurdischen Regierung als auch der verschiedenen UN-Organisationen. In den ersten Tagen Ihres Aufenthaltes in Irakisch-Kurdistan wurden die Flüchtlinge fast vollständig von der einheimischen Bevölkerung versorgt, dann übernahm das Militär. Jetzt geht es in geordnete Bahnen.
Die Autonome Region Kurdistan, drei Provinzen im Norden des Iraks mit knapp vier Millionen Einwohnern, grenzt im Westen an Syrien und hat inzwischen weit über 200.000 Flüchtlinge aufgenommen. Das sind 5 Prozent der Bevölkerung. Das wäre so, als wenn Deutschland fünf Millionen Flüchtlinge aufgenommen hätte. Denken wir es nicht weiter bei der Bereitschaft der Regierung, 5.000 syrische Flüchtlinge aufzunehmen… Wir konnten drei neue Camps in der Provinz Erbil besuchen, die alle „aus dem Nichts entstanden waren“, wie ein Campleiter sagte. Hier ein Bericht über eins der neuen Camps:

Besuch im Camp Barhaka

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Dieses Camp ist nur 10 km in nördlicher Richtung von Erbil entfernt. Es liegt an einem großen Zementverarbeitungswerk und beinhaltet eine sehr große Lagerhalle (ca. 200 × 80 m) die zur Unterbringung genutzt wird. Der Vorteil ist, dass in ihr Schatten herrscht und es nicht so heiß ist. Die Familien haben kleine, durch Zeltbahnen abgetrennte Kabinen, die mit Teppichen und Matratzen eingerichtet sind. Ca. 500 Zelte sind außerhalb dieser Halle errichtet worden, auch wieder mit guter Infrastruktur und Stromversorgung, Toiletten, Wassertanks. Als wir ankamen, wurde gerade die neue Camp-Schule mit zwölf Zelten eingeweiht. Polizei, Administration und NGO Leute leben im Moment auch in Zelten.

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Firmen, reiche Leute und auch der katholische Bischof aus Erbil haben anfangs jeweils für einen Tag die Beschaffung der Verpflegung für die rund 5000 Menschen übernommen. Jetzt werden Lebensmittel verteilt, immer 4-6 Familien teilen sich einen Kochplatz. Es fehlt an Kindernahrung, berichtete der Campchef Haider Mashad, und zum Teil an frischem Gemüse. Viele Menschen wären von der Flucht völlig erschöpft gewesen. Dies hat sich inzwischen gebessert.

Camp Kostaba

Das Camp Kostaba liegt ca. 25 Kilometer von Erbil (Richtung Kirkuk) in einer fruchtbareren Gegend, direkt an der gleichnamigen Stadt. Es liegt direkt an der Hauptstraße nach Kirkuk und macht von außen einen sehr gepflegten Eindruck. Allerdings ist es nicht winterfest eingerichtet. Ebenso wie die beiden anderen Camps in kürzester Zeit entstanden, ist es mit 5000 Flüchtlingen belegt. Dieses Lager ist quasi ein Umschlag-Lager, da viele Flüchtlinge in der Umgebung in dieser fruchtbaren Gegend bei den Bauern schon Arbeit gefunden haben und auch dort leben können. Die Menschen kommen überwiegend aus dem kurdischen Teil Syriens.

Im Camp hat anfangs das Militär gekocht, jetzt wird umgestellt auf die Verteilung von Verpflegung und die Selbstzubereitung, auch hier Sammelkochstellen. Genau wie im zweiten Camp fehlt es hier an Babynahrung, Windeln sowie isolierten Kannen und kleinen Alltags-Geräten, ebenso an Waschmitteln.

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Über 500 Flüchtlinge wurden durch eine kurdische Organisation schon in Arbeitsstellen vermittelt. Diese veranstaltet auch Freizeitaktivitäten und Kurse. Es gibt UN-Organisationen vor Ort, ebenso Organisationen aus Dänemark, Norwegen und eine französische NGO. Die Schule ist im Aufbau.
Auch wurde von der Bevölkerung am Anfang tatkräftig geholfen. In diesem Camp gibt es nach Aussagen der Leitung keinerlei Ausgangs- oder Zutritts-Beschränkungen. Wohl ist dieses Lager umzäunt, aber am Eingangsbereich geht es frei zu.

Die Mitarbeiter der kurdischen Organisation BCF, die in allen Camps führend tätig sind, berichteten, dass die Tätigkeit in den Camps auch für sie neu gewesen sei. Ihr Vorteil wäre, dass alle Ihre Mitarbeiter selbst einmal Flüchtlinge gewesen seien, sie so ein anderes Empfinden für die syrischen Flüchtlinge hätten und viele Dinge einfach wüssten.

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Neben der materiellen Hilfe wäre es für sie wichtig, dass sie besonders den Kindern und Jugendlichen in den Camps viele Aktivitäten anbieten und für die Erwachsenen vermittelnd bei der Arbeitssuche tätig werden könnten. Dabei kann sich die Organisation auf viele ehrenamtliche Mitarbeiter stützen. Auch sie berichteten begeistert von der großen Welle der Hilfsbereitschaft der kurdischen Bevölkerung in den letzten Wochen.

Was sie von uns erhofften, wäre, dass wir aus unserer Erfahrung die Verantwortlichen der Camps schulen, damit diese besser ihre Aufgaben erfüllen können. Wir haben zugesagt, darüber nachzudenken, wie das gehen könnte. Unser Eindruck ist, dass sie aus ihrer Lebenserfahrung heraus schon vieles richtig machen und dass es gut wäre, wenn sie darin Bestätigung bekommen würden.

Für den kommenden Winter sind in materieller Hinsicht noch viele Dinge notwendig zur Ausstattung der Camps. Insbesondere Heizgeräte, Winterbekleidung, Bettdecken und Schuhe für den Winter wären dringend notwendig. Dies kann alles im Land beschafft werden.

Deshalb bittet die Caritas im Ruhrbistum weiter um Spenden:

Konto-Nummer 14400 bei der Bank im Bistum Essen, BLZ 36060295, Stichwort: Syrische Flüchtlinge

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